Franz Liszt, der König der Pianisten, war tatsächlich sein Leben lang Klavierlehrer. Bis zu seiner letzten Stunde hat er mit Leib und Seele unterrichtet. Interessant sind seine Anmerkungen im Unterricht. Sie geben Aufschluß über seine Technik, seine eigene Übungspraxis und vor allem über seine Einstellung dem Erarbeiten neuer Stücken gegenüber.
Madame Auguste Boissier, deren Tochter Valérie 1832 bei dem damals zwanzigjährigen Liszt Unterricht nahm, hat Tagebuchaufzeichnungen mit detaillierten Beschreibungen hinterlassen. (Boissier, Auguste, “Franz Liszt als Lehrer”, Berlin 1930)
Aus diesen Aufzeichnungen geht hervor, daß er sich mit jeder Kleinigkeit beschäftigte, mit den feinsten Vortragszeichen, mit jeder Note. Den Baß ließ er einzeln studieren. Besonders am Herzen lagen ihm die Steigerungen der Gesangsmelodie. Sein Ziel war “natürliche Hingabe, Geschmeidigkeit und Leidenschaft”, das Spiel sollte auf keinen Fall oberflächlich sein.
Liszt geht in seinem Unterricht wohlüberlegt und Schritt für Schritt vor. Seine Schüler mahnt er ständig zur Geduld: “Aber er will nicht, daß man zu heftig und hastig übe. “Haben sie Geduld mit sich selber”, wiederholt er alle Augenblicke. “Sie verderben alles, wenn Sie so schnell vorwärtskommen wollen; setzen Sie den Fuß ruhig auf jede Stufe, damit Sie mit Sicherheit bis auf die Höhe kommen, seien Sie geduldig, die Natur selber arbeitet langsam; folgen Sie ihrem Beispiel. Ihre weise geleiteten Bemühungen werden von Erfolg gekrönt werden, während, wenn Sie alles so schnell erreichen wollen, Sie nur Zeit verlieren und nicht ans Ziel gelangen werden.” (Boissier, Seite 67)